Dies ist umso erstaunlicher, da vor der Coronakrise auch innerhalb der Verwaltung die Unsicherheit wuchs, ob sie in ihren traditionellen Strukturen die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts überhaupt bewältigen kann. Lange Zeit waren Modernisierungsbemühungen der Verwaltung eher durch den Einsatz von IT in Verbindung mit einer sehr zögerlichen Optimierung der bestehenden Strukturen gekennzeichnet, nach dem Motto "Moderne Verwaltung ist Bürokratie plus Elektrifizierung". Doch seit einiger Zeit mehren sich auch verwaltungsintern die Stimmen, die einen radikaleren Wandel der staatlichen Leistungserbringung fordern. In einer Welt, die durch Volatilität, Unsicherheit, Komplexität und Ambiguität gekennzeichnet ist, so die Argumentation, sei eine Verwaltung, die strukturell der traditionellen Bürokratie mit Regelhaftigkeit, Stabilität, klarer Kompetenzverteilung und Hierarchie verhaftet ist, immer weniger in der Lage, den gesellschaftlichen Herausforderungen adäquat zu begegnen. Verwaltungsinterne Veranstaltungen mit Titeln wie "Brauchen wir eine neue Staatskunst?" oder "Verwaltung von morgen – mit Menschen von heute und Organisation von gestern?!" verdeutlichen, dass auch innerhalb der Verwaltung über einen grundsätzlichen Paradigmenwechsel des Verwaltungshandelns nachgedacht wird.
In diesem Kontext erweist sich die gegenwärtige Krise als Labor für Innovation und als Turbobeschleuniger für institutionelles Lernen. Natürlich ist vieles davon improvisiert und dem aktuellen Ausnahmezustand geschuldet. Umgekehrt erweisen sich viele etablierte Instrumente auch in der Krise als robust und flexibel. Man sollte sich deshalb hüten, bewährte Prinzipien und begründete Kontrollmechanismen des Verwaltungshandelns nun umstandslos als verzichtbar abzutun. Bei aller gebotenen Vorsicht entstehen in der aktuellen Situation aber Impulse, welche die Verwaltung auch im Normalbetrieb verändern können und Erkenntnisse, die für die Weiterentwicklung der Verwaltung enorm wertvoll sind. Hierzu möchten wir im Folgenden mit einigen Gedanken zur Diskussion anregen.